Im 1. Teil des Interviews geht es um den Gefängnisalltag, um die Arbeit, die Herr Meiwes im Gefängnis wahrnimmt und um Freundschaften.

 

Interview mit Armin Meiwes (1. Teil)

 

Herr Meiwes, Sie befinden sich wegen kannibalistischer Handlungen seit ungefähr 8 Jahren in der Justizvollzugsanstalt. Sie wurden während der 2. Gerichtsverhandlung erstaunlicherweise nicht wegen „Totschlag“ oder „Tötung auf Verlangen“ sondern wegen „Mordes“ und „Störung der Totenruhe“ verurteilt. Wie verbringen Sie Ihre Zeit und haben Sie in den vergangenen Jahren Freundschaften knüpfen können?

 

Armin Meiwes: Freundschaften habe ich hier in der JVA viele geschlossen. Engere Freundschaften habe ich wenige, da man nicht mit jedem über alles reden kann. Eine enge Freundschaft hatte ich 2004-2005. In der Zeit habe ich mit Daniel K. in der Bücherei gearbeitet. Ein hochintelligenter Mann mit einer sehr guten Allgemeinbildung. Wir haben uns sehr gut verstanden und auch keine Geheimnisse voreinander gehabt. Während ich in Frankfurt zur Verhandlung war, ist er entlassen worden. Dummerweise habe ich in der Verhandlung erwähnt, dass wir uns gut verstehen. Von den Medien wurde das aufgegriffen und in einem falschen Licht dargestellt. „Meiwes hat eine Freundin, mit zwei Töchtern, doch nicht die liebt er, stattdessen liebt er einen Mitgefangenen, der HIV-positiv ist.“ So stand es in einer Zeitung. Daniel ist HIV-positiv. Ich vermute, er hat diesen Artikel gelesen, denn danach habe ich leider nichts mehr von ihm gehört. Das ist sehr schade, denn er war ein echter Freund. Weiterhin verstehe ich mich gut mit Uwe W., der zurzeit am zweitlängsten Inhaftierte Deutschlands, er ist der Vorarbeiter bei uns in der Wäscherei. Er ist im Moment im 39. Haftjahr. Seit etwa einem halben Jahr habe ich mich mit Markus H. angefreundet. Wir machen sonntags zusammen Umschluss.

 

Während der Freistunden und nach dem Gottesdienst, kommen viele Gefangene zu mir um einfach zu sprechen, ihre Probleme, Nöte und Ängste zu klären. In der Zeit, während ich noch in der U-Haft war, war ich Ansprechpartner insbesondere für Neuankömmlinge. Ich erklärte die Abläufe im Haus, stand für Sorgen, Nöte und Probleme zur Verfügung. Über Jahre war ich auch Hilfshausarbeiter, somit auch bei der Essensausgabe dabei. Diejenigen, die ohne Arbeit sind, bleiben tagsüber auf den Zellen eingeschlossen, sodass man nur bei den Essensausgaben, mit anderen Gefangenen die in Arbeit stehen, in Kontakt kommt.

 

Herr Meiwes, wie sieht Ihr normaler Wochenablauf aus?

 

Armin Meiwes: Werktags wecken um 05:45, Frühstücksausgabe um 06:10, 07:00 Arbeitsbeginn, 11:00 Mittagspause, 11:20 Mittagessenausgabe, 12:30 Arbeitsbeginn, 15:00 Arbeitsschluss – Einschluss, 15:45-16:30 Abendbrotausgabe, 17.30 Uhr-19:45 Arbeitsgruppen oder Umschluss mit anderen Gefangenen oder Sport.

 

Freitag: Nachmittags 13:00 Arbeitsschluss, 14:00-15:00 Arbeiterfreistunde, 15:15 Abendbrot, danach Einschluss.

 

Samstags: 06:45 wecken, 07:10 Frühstücksausgabe, danach alle 14 Tage Einkauf entweder von 11:00-12:00 Freistunde oder von 13:00 bis 14:00 Freistunde, 13:00-15:00 Umschluss oder Sport. 12:00 Mittagessen, 15:10 Abendbrotausgabe, danach Einschluss.

 

Sonntag: Zeiten wie Samstag. Gottesdienste: 08:30 katholischer Gottesdienst, 09:45 evangelischer Gottesdienst.

 

Feiertag: Wecken 07:45, sonst wie Sonntag.

 

Wie sieht ein beliebiger Tagesablauf für Sie aus?

 

Armin Meiwes: Persönlicher Tagesablauf z. B. für einen Mittwoch:

Kurz nach 05:00 aufstehen, Kaffeewasser aufstellen, braucht mit dem Tauchsieder etwa eine halbe Stunde. Bis zum Weckgong döse ich, gucke fern und werde langsam wach. Kaffee aufgießen, Körperpflege, anziehen, Bett machen, Frühstücken. Bei der Frühstücksausgabe, 14tägig Bettwäsche rauslegen, Post an den Beamten geben. Bis zum Arbeitsbeginn fernsehen, lesen etc.

 

Auf der Arbeit: Falls die Privatwäsche der Sotha (Sozialtherapeutische Anstalt) gewaschen ist

diese in den Trockner räumen. Danach die getrocknete Privatwäsche sortieren und zusammenlegen. Je nach Menge bin ich zwischen 09:00 und 10:00 fertig. Dazwischen Wäschewagen zurechtstellen für Werkhof, Hauswäsche und Küche und Wegräumen der Wäsche vom Band des Trockners, nachdem diese zusammengelegt ist. Ich bin „Packer“ und damit verantwortlich, dass die gewaschene Wäsche zum richtigen Absender zurückkommt.

Nachmittags: Legen und unterstützen bei der Mangelwäsche von Haus Sotha, Frauengefängnis und Freigänger Haus. Je nach Aufwand auch bis Donnerstagvormittag. Je nachdem, wie ich Zeit habe, dusche ich kurz vorm Mittag oder am Nachmittag. Ab 14:30 Reinigung der Dusch- und Toilettenräume der Wäscherei, dafür bekomme ich 10 % mehr Lohn. Ab 15:45 Arbeiterfreistunde, entweder raus in den Hof oder im Haus.

 

Meist bleibe ich im Haus. In der Zeit spreche ich mit anderen Gefangenen, trinke Kaffee etc. Danach ist Einschluss bis zu den Arbeitsgruppen. Mittwochs ist bei mir evangelisches Seminar, das wird meist vom Pfarrer geleitet. Wir singen, diskutieren über ein Thema, oder schauen uns ein Video an, dazu gibt es Kaffee, Kuchen und Obst. In der Gruppe sind 10 bis 12 Mitgefangene. Dienstags habe ich den Arbeitskreis Bündnis 90/Die Grünen, deren 1. Vorsitzender ich bin. Donnerstags gehe ich zur Kunstgruppe. Ab 19:45 bin ich wieder auf der Zelle, gucke fern, lese, schreibe und zeichne. Ab 22:30 ist Bettruhe.

 

Herr Meiwes, ich bedanke mich für die Informationen und das Gespräch!